Hitzeschlacht im Pott!!!

Bundesländer Marathonjagd die Achte! Halbzeit (oder auch nicht???)!

Bundesland Nordrhein- Westfalen, VIVAWEST Marathon Gelsenkirchen, ganz tief im Ruhrpott.

 

Es ist Samstag der 26.05.2018. Zeit um mal wieder einen Marathon zu laufen! Wenn ich in Gelsenkirchen über die Ziellinie laufe, habe ich dann bereits die Hälfte meiner 16 Marathons, die ich dieses Jahr laufen werde, hinter mir.

Das Wochenende verspricht eine heiße Kiste zu werden. Der Wettergott meint es mal wieder gut mit der Bundesländer Marathonjagd, es sind Temperaturen von bis zu 32 Grad gemeldet! Hallooooo Wettergott, hast du noch alle Tassen im Schrank??? Es ist Mai und ich möchte einen Marathon laufen und keinen Tag am Meer verbringen! Aber so langsam bin ich es ja gewohnt bei Hitze zu laufen! Nach Hannover, Spreewald, Hamburg und Mannheim wird das nun der nächste Marathon über 25 Grad, ich bin begeistert! Aber mit jammern kommt man bekanntlich nicht weit! Und jammern passt ganz und gar nicht in den Ruhrpott! Hier geht es rau zu, hier wird malocht! Hier schaffen die Männer seit Jahrzehnten in Bergwerken um Kohle abzubauen. Ein brutal harter Job! Hier über zu warme Temperaturen bei einem Marathon zu jammern, wäre definitiv fehl am Platze!!!

 

Dieses mal begebe ich mich mit Serkan und Jens auf die 330 Kilometer weite Reise nach Gelsenkirchen. Kurz bemerkt, Jens ist leidenschaftlicher Fan der Fußballmannschaft von Borussia Dortmund. Und selbst Leute die nicht viel mit Fußball am Hut haben wissen, Dortmund und Schalke passt nicht wirklich! Im Vorfeld habe ich mir schon ausgemalt, wie Jens mit seinem Dortmund Trikot an den Start geht und getrieben und bepöbelt von den Schalker Fans zu einer neuen Bestzeit gehetzt wird! Leider hat er sein BVB Trikot zu hause vergessen! ;-)

 

Unsere Unterkunft ist in Essen. 10 Autominuten von Start und Ziel entfernt. Wie sich etwas später herausstellt, sollte die Wahl der Unterkunft eine äußerst brillante gewesen sein. Denn 5 Gehminuten entfernt, sollte das UNESCO Welterbe Zollverein sein. Eine stillgelegte Zeche, die als schönste Zeche der Welt gilt! Hier wird auch ein Teil der Marathon Strecke verlaufen!

 

Nach einer staufreien Autofahrt ging es gleich in Richtung Marathonmesse. Die Messe befand sich in einem Zelt. Dort waren einige Händlerstände aufgebaut. Alles in allem sehr übersichtlich. Ich beschloss mir noch ein Vivawest Marathon Shirt mitzunehmen, für nur sau günstige 8,50 Euro! Absolut Top, Daumen hoch!!!

Um die Messe herum waren zahlreiche Helfer damit beschäftigt, alles für den morgigen Marathon aufzubauen. Hier konnten wir heute nichts mehr erleben! Darum beschlossen wir, noch einen kleinen Abstecher in die City von Gelsenkirchen zu machen, um uns einen kleinen Snack zu genehmigen. Gelsenkirchens City als schön zu bezeichnen wäre sicherlich nicht richtig. Aber sie passt in den Ruhrpott und ist genau so, wie ich mir den Pott vorgestellt habe. Einfach, ehrlich, schnörkellos. Danach ging es gestärkt nach Essen zum Check in in unsere Wohnung.

Wie bereits erwähnt, lag diese 5 Gehminuten vom UNESCO Welterbe Zollverein entfernt. Logisch, dass nun eine Besichtigung dieser stillgelegten Zeche auf unserer Agenda stand! Wow, es war sehr beeindruckend was hier zu sehen war.

1847 wurde der erste Schacht dieser Zeche errichtet. Im ersten Jahr der Steinkohlenförderung 1851 wurden hier 13000 Tonnen Kohlen gefördert. Im laufe der Jahre entwickelte sich das Bergwerk als das größte und leistungsfähigste weltweit. 1972 erreichte ein Schacht eine tiefe von 1000 Metern. Tag für Tag wurden mehr als 23.000 Tonnen Rohkohle ans Tageslicht geholt. Während der gesamten Betriebszeit wurden zwischen 1851 und 1986 insgesamt 240 Millionen Tonnen Kohle abgebaut. Über und unter Tage waren bis zu 8.000 Bergleute im Schichtwechsel beschäftigt. Insgesamt haben bis zur Schließung der Zeche Zollverein 1986 mehr als 600.000 Menschen auf Zollverein gearbeitet. „Schönste Zeche des Ruhrgebiets“, „Wunderwerk der Technik“, „Kathedrale der Industriekultur“ – Zollverein war schon immer ein Ort der Superlative. Am 23. Dezember 1986 schloss die Zeche Zollverein als letzte von rund 290 Zechen in Essen, der ehemals größten Bergbaustadt Europas. Bereits am 16. Dezember 1986 war das einzigartige Ensemble der Bergbauarchitektur unter Denkmalschutz gestellt und auf diese Weise vor dem Abriss gerettet worden. Im Laufe der Jahre begannen Sanierungsarbeiten für eine Neunutzung der Hallen und Gebäude nach dem Prinzip „Erhalt durch Umnutzung". Inzwischen haben sich dort Restaurants, Museen, Ateliers und viele andere interessante Dinge angesiedelt. 2001 wurde die stillgelegten Zeche und Kokerei Zollverein zum UNESCO-Welterbe ernannt! Solltet ihr einmal dort in der Nähe sein, besucht die Zeche, es ist sehr sehr interessant!!!

 

Am Abend gab es noch eine kleine Pasta Party in unserer Wohnung und es wurde das Champions League Finale im Fernsehen geschaut. Danach war Bettruhe angesagt, schließlich war am nächsten tag um 9.30 Uhr der Start des VIVAWEST Marathon.

 

Sonntag, 27.05.2018. Marathon-Time!!!

Nach einem kurzen Frühstück ging es per KFZ Richtung Gelsenkirchen. Anders als vom Veranstalter empfohlen, parkten wir halbwegs in der Nähe des Start Ziel Bereiches und begaben uns zu Fuß zum Ort des Geschehens. Nach einem 1,5 Kilometer langen Fußmarsch waren wir da. VIVAWEST Marathon 2018!

Insgesamt wird die Veranstaltung am Ende des Tages mit 9515 Teilnehmern einen neuen Teilnehmerrekord erreichen. Angeboten werden neben Marathon und Halbmarathon ein Staffellauf, der Schulmarathon, sowie ein 10 km Lauf, der allerdings in Gladbeck startet. Ein emotionaler Höhepunkt des diesjährigen VIVAWEST-Marathons war der „Glückauf-Zukunft-Lauf!“ mit über 1.200 bergbauverbundenen Teilnehmern am Start des Bergwerks Prosper Haniel II in Bottrop. Auf einer knapp elf Kilometer langen Strecke durch Bottrop, Gladbeck und Gelsenkirchen liefen die Teilnehmer bis zur Zeche Nordstern, wo sie gebührend von hunderten Zuschauern und dem Ruhrkohle-Chor empfangen wurden. 

Ein weiteres Highlight des Tages war der Weltrekordversuch von Hendrik Pfeiffer. Er startete den Halbmarathon im dreiteiligen Anzug und wollte den bestehenden Rekord von 1:18:10 Stunden unterbieten. Mit einer Zeit von 1:12:47 Stunden gelang ihm das Vorhaben auch sehr eindrucksvoll! Herzlichen Glückwunsch zum neuen Weltrekord!!!

 

9.30 Uhr war der Start für uns Marathonis geplant. Da die Strecke noch nicht freigegeben war, verzögerte sich das Ganze um etwa 20 Minuten. Kurz vor dem Start dann ein kleiner Gänsehaut Moment. Der 70 Mann starke Ruhrkohle-Chor sang das Steiger Lied. Und überhaupt ist es eine sehr emotionale Veranstaltung, die selbst ich als nicht Ruhrpottler spüre. Ende des Jahres schließt hier die letzte Zeche. Dann ist das Kapitel Steinkohlenbergbau beendet. Über Jahrzehnte war das der Hauptarbeitgeber der Menschen im Revier. Die Menschen waren und sind stolz darauf! Trotz Zukunftsoptimismus hat man das Gefühl, dass sich viele Menschen im Pott Gedanken über ihre Zukunft machen! Das Ganze macht mich dann doch nachdenklich...

 

Dann ist es soweit, der Startschuss ertönt und es geht endlich los. YESSSS!!!

Jens und ich haben beschlossen, dass Ding gemeinsam zu laufen. Angepeilte Zielzeit, 3.45 Stunden. Serkan hat sich eine Zeit um die 4:30 Stunden vorgenommen.

Gegen 10 Uhr hat es eine Temperatur von 26 Grad. Im laufe des Wettkampfes steigen die Temperaturen auf schwüle 29 Grad. Puh, alles andere als perfekte Bedingungen.

Vom Start weg geht es Richtung Essen. Bei Kilometer 5 kommen wir an die Zeche Zollverein, die wir uns gestern angeschaut haben. Und heute ist es noch viel schöner und imposanter dort. Viele Zuschauer an der Strecke, eine Band spielt Live auf und ein Kumpel in Uniform feuert uns Läufer per Mikrofon an. Es ist tatsächlich sau geil hier!!! In diesem Moment frage ich mich, ob das schon mein persönliches Highlight war? Immerhin sollten noch über 30 Kilometer folgen. Unsere Pace pendelte zwischen 5:09 und 5:19 Minuten pro Kilometer. Aber ehrlich gesagt merkte ich schon recht früh, dass es heute schwer werden würde. Die Hitze und die schwüle, drückende Luft machten sich recht früh bei mir bemerkbar. Nach der Zeche Zollverein ging es über den Nordsternweg zum Nordsternpark. Und hier war es total schön. Viel grün und eine schöne Landschaft, so hatte ich das im Pott gar nicht erwartet! Bei Kilometer 15 passierten wir die Zeche Nordstern. Auch hier heizte uns eine Band ein! Die Stimmung dort war prächtig! Danach ging es Richtung Gladbeck, dem Nördlichsten Punkt der Strecke. Kurze Zeit später erreichten Jens und ich die Halbmarathonmarke. Durchgangszeit 1:52:xx Stunden. Wir waren also knapp unter Zielzeit 3:45 Stunden. Zu diesem Zeitpunkt war uns aber klar, dass wir die Pace bei diesen Temperaturen nicht halten wollen/werden. In den Straßen stand die Luft und man hatte das ein oder andere mal das Gefühl gegen eine Wand zu laufen. Autsch!!! Aber es ging nicht nur uns so. Wenn man sich umgeschaut hat, konnte man feststellen, dass es sehr vielen Läufern ähnlich erging. Lobend zu erwähnen sind die Verpflegungspunkte. Alle 3 Kilometer waren diese aufgebaut. Ab Kilometer 15 gab es dort Cola, Iso, Bananen usw. Perfekt! Desweiteren waren entlang der Strecke immer wieder Rasensprenger oder Duschen aufgebaut. So konnte man sich ständig abkühlen und erfrischen. Daumen hoch!!! Bei Kilometer 21,5 ging es das erste Mal beim Fanpoint Möbel Ostermann vorbei. Hier kochte nicht nur der Asphalt sondern auch die Stimmung! Sehr stark!

Doch dann kam mein persönliches Highlight. Die Zeche Prosper Haniel in Bottrop. Die letzte aktive Steinkohlenzeche des Ruhrgebiets. Und sollte ich bis dahin noch über die Temperatur gejammert haben, war mir danach klar, da gibt's nichts zu jammern. Das was wir da machen ist ein Klacks im Gegensatz zu der Arbeit der Kumpels die dort täglich malochen. Die Jungs standen teilweise am Streckenrand um uns anzufeuern. Mit Helm auf dem Kopf, von oben bis unten schmutzig. Die Luft zum schneiden. Ne Mischung aus Kohle und Rost lag in der Luft. Man hat kaum Luft bekommen. Die Jungs geben hier täglich Vollgas. Ein Knochenjob! Respekt!!! Wir wurden angefeuert, neben uns wurde gearbeitet. Maschinen waren zu hören. Es war laut. Plötzlich standen da 5 Kumpels an der Strecke, ein kurzer Gruß, Glück auf und weiter geht's. Eine wirklich einzigartige Atmosphäre! Schon alleine dafür hat sich dieser Lauf gelohnt!!! Bei Kilometer 29 ging es wieder bei Möbel Ostermann vorbei, die Stimmung dort immer noch prächtig! Kilometer 30. Der Kampf beginnt. Bei Jens und mir ist langsam die Luft draußen. Wir kämpfen uns von Verpflegungsstation zu Verpflegungsstation. Bei mir ist dort immer das Triple angesagt. Iso, Cola, Wasser. Alle drei Kilometer. Das Höhenprofil der Strecke ist leicht wellig. Anfangs hat uns das nichts ausgemacht. So langsam aber kommt einem jede kleine Steigung vor, wie Berge in den Alpen. Hätte ich Jens nicht dabei, hätte ich wahrscheinlich noch etwas Tempo rausgenommen. Unsere anvisierte Zielzeit haben wir inzwischen auf Sub 4 Stunden korrigiert. Hoch und Tief wechseln sich im Minutentakt ab. Ich denke kurz an die Kumpels die tag täglich im Bergwerk Kohle abbauen. Das ist hart, denke ich mir. Ich laufe hier nur einen poblichen Marathon bei 28 Grad. Auf geht's du Pfeife, lass laufen. Um uns herum sieht man immer mehr Läufer gehen. Wir überholen Läufer, danach gehen wir und werden selbst wieder von diesen überholt. Dieses Spielchen spielen wir die letzten 10 Kilometer. Es ist quasi wie der Doppelpass vom Fußball. Apropos Fußball, Jens und ich betreiben immer noch Manndeckung, dass heißt, wir laufen zusammen. Wir passen aufeinander auf! Und so wurschteln wir uns irgendwie bis auf die Zielgerade.  Und da heißt es dann wie immer, Frisur, Shirt und Startnummer richten, Schweiß abwischen, Bauch rein, Brust raus und das Siegerlächeln aufsetzten. Und geradewegs durch das ZIEL!!! Ein kurzer Blick auf die Uhr, 3:56:XX Stunden. Ziel Sub 4 noch erreicht. Wir sind beide absolut zufrieden! Heute war es ein hartes Stück Arbeit, da sind Jens und ich einer Meinung. Aber irgendwie hat dieser Kampf zu diesem besonderen Marathon gepasst. Ehrlich, hart und dennoch herzlich!!! Danach trinken und essen wir uns durch die riesen Auswahl der Zielverpflegung und gehen duschen. Frisch geduscht und glücklich wollen wir es uns gerade bequem machen, als mein Handy klingelt. Serkan ist dran. Er ist im Ziel. Mit sehr starken 4:34:xx und dass bei dem Wetter! Hut ab!!! Bombe!

 

Während Serkan duschen ist, relaxen Jens und ich ein wenig. Plötzlich ziehen Wolken auf und es wird dunkel. Als wir die 1,5 Kilometer in Richtung Auto aufbrechen, schlägt nicht weit von uns entfernt ein Blitz ein und es beginnt wie wild zu regnen. Wir laufen trotzdem ans Auto und sind nach wenigen Minuten klitsche Nass! Als wir an der Marathon Strecke vorbei kommen sind noch Läufer unterwegs. Kurz darauf fährt ein Polizeiauto über die Strecke. Eine Lautsprecherdurchsage erklingt: "Der Marathon ist abgebrochen, bitte verlassen sie die Strecke!!!" Zu dieser Zeit sind noch etwa 300 Läufer unterwegs, die leider nicht mehr in die Wertung kommen. Schade,  aber ganz klar, Sicherheit geht vor!!!

 

Für uns geht es dann geradewegs nach hause.

 

Der VIVAWEST Marathon war geil! Eine total interessante und abwechslungsreiche Strecke. Perfekte Organisation und Verpflegung! Hier hat es Spaß gemacht zu laufen! Den Menschen im Ruhrpott wünsche ich für die Zukunft das allerbeste!

Wenn sich eine Tür schließt öffnet sich eine Andere!!!

 

In diesem Sinne, GLÜCK AUF!!!

 

Run Dirty & Be Unstoppable