Wettlauf zu den Sternen

Sachsen Anhalt. Himmelswegelauf Nebra.

Dieser Marathon ist AUßERGEWÖHNLICH und sucht seines Gleichen!

Für Liebhaber von Landschaftsläufen ein absolutes Muss!

Sportbegeisterte, die sich neben der schönsten Sache der Welt(dem Laufen), für Kultur interessieren, kommen an diesem Lauf NICHT vorbei!

Ich bin froh, dass ich mich für DIESEN Lauf im Zuge der Bundesländer Marathonjagd entschieden habe. Warum? Wieso? Weshalb? Das erfahrt ihr im Laufe des Berichtes...

 

#MARATHON #SLEEP #EAT #REPEAT.

Wird das Marathon Laufen nach meinem 10. Marathon innerhalb von 4 Monaten zur Routine? Ganz klar: NEIN!!! Marathon hat seine eigene Gesetze, dass habe ich beim Himmelswegelaug brutal erfahren!

 

15.06.2018, der wilde Osten ruft! Meine Frau Sylvia, Sachsen anhaltinisch Übersetzter Dirk und ich begeben uns in das 420 Kilometer entfernte Nebra. Der Himmelswegelauf steht auf dem Plan. Sylvia startet den Halbmarathon, Dirk und ich gehen an die Königsdisziplin, den Marathon. Die Planung dieses Vorhabens war eine logistische Meisterleistung. Wir haben es hier mit einem Punkt zu Punkt Lauf zu tun. Der Start der Marathonis ist im östlich gelegenen Goseck. Die Halbmarathonis starten weiter Nordwestlich in Laucha, Ziel der Veranstaltung ist Die Arche Nebra, die weiter nördlich liegt.

Frage Nummer eins, wo buchen wir unsere Unterkunft?

Frage Nummer 2, wo stellen wir unser Auto ab?

Und Frage Nummer 3, wie gelangen wir wieder zu unserem KFZ?

Wir haben uns für folgendes Modell entschieden. Freitag Abend sind wir direkt in das Meldebüro zur Arche Nebra gefahren, um die Startunterlagen abzuholen. Im Anschluss ging es nach Naumburg in unsere Unterkunft, die nahe Goseck liegt. Sylvia fährt uns am M(arathon)-Day nach Goseck, fährt dann weiter zu ihrem Start nach Laucha. Das Auto lässt sie dort stehen. Der Zieleinlauf für alle Läufer ist in Nebra, von wo aus uns die Burgenlandbahn wieder zurück nach Laucha zu unserem KFZ bringen sollte! Klingt doch ganz EASY!

Freitag 18.30 Uhr zum Startunterlagen abholen geht es erstmal zur Arche Nebra. Und dort werden wir mit einer seelischen Grausamkeit konfrontiert. Der Zieleinlauf. 400 Meter steil Bergauf! Huiuiui, das wird eine harte Nummer!!! Zumindest der Zieleinlauf!

Arche was???

Und hier startet unsere kulturelle Reise in den Osten. Bis 1999 war das hier ein stink normales Dorf, wie es tausende andere in Deutschland gibt. Bis zwei Raubgräber auf Beutezug gingen. Was sie dort fanden, sollte Geschichte schreiben! Die HIMMELSSCHEIBE VON NEBRA! Es ist einer der bedeutendsten archäologischen Funde weltweit! Die 3600 Jahre alte Bronzescheibe zeigt die älteste bisher bekannte konkrete Himmelsdarstellung weltweit und ermöglicht erstmals einen Einblick in das Weltbild der mitteleuropäischen Bronzezeit. Nebenbei fanden die Räuber zwei Schwerter und weitere wertvolle Beifunde. Und was machen Räuber damit??? Das Zeug schnellstmöglich verkaufen!!! Erst 2002 konnte die Himmelsscheibe in einer fingierten Ankaufssituation in einem Hotel in Basel sichergestellt werden. In der Arche Nebra kann man eine Nachbildung der Himmelsscheibe bewundern. Das Original liegt im Landesmuseum für Vorgeschichte in Halle. Der Fundort der Himmelsscheibe liegt 3 Kilometer von der Arche entfernt. Da die Arche Nebra heute schon geschlossen hat, beschließen wir, uns das Ding morgen nach dem Lauf anzuschauen! Eine Nachbildung der Himmelsscheibe werden wir als Medaille bekommen. Da freu ich mich drauf, als alter Medaillensammler!

Jetzt heißt es erst mal Abfahrt zur Unterkunft. Und diese liegt in Naumburg. Auf dem weg dorthin, fällt mir das erste Mal bewusst auf, was für eine wunderschöne Gegend das hier ist! Naumburg liegt an der Saale im Burgenlandkreis. Der Landkreis heißt nicht etwa Burgenlandkreis, weil es dort Iglus gibt. Nein, hier reihen sich Burgen, Schlösser und Kirchen aneinander. Außerdem ist die Gegend ein bekanntes Weinbaugebiet. Wunderschöne Weinberge, idyllische Burgen, die traumhafte Unstrut. Wow, sehr sehr schön! Warum manche Menschen tausende Kilometer weit in den Urlaub fahren, kann ich in diesem Moment nicht nachvollziehen. Hier ist es einfach nur traumhaft! Die Vorfreude auf morgen steigt!!! Nachdem wir in unsere Unterkunft eingecheckt haben, geht es in die Altstadt zur Nahrungsaufnahme! Das Wahrzeichen der Stadt ist der Dom St. Peter und Paul. Klar, dass wir uns den Dom anschauen! Der Charme und Charakter der historischen Altstadt mit seinen Bürgerhäusern sowie der Marktplatz suchen seines Gleichen! Naumburg gehört unbestritten zu den schönsten Städten Mitteldeutschlands. Auf dem Marktplatz lassen wir uns in einem Restaurant nieder, um uns an den einheimischen Spezialitäten den Bauch voll zu schlagen! Danach geht es in die Unterkunft, um 22 Uhr ist Zapfenstreich!

 

Samstag, 16.06.2018, MARATHON!!!

Sieben Uhr Frühstück, acht Uhr Abfahrt, neun Uhr Start.

Attacke!!!

Sylvia fährt Dirk und mich nach Goseck zu unserem Start, der um 9 Uhr erfolgt. Danach fährt sie weiter nach Laucha, wo sie um 10 Uhr beim Halbmarathon an den Start geht.

Goseck, hier wartet ein weiteres kulturelles Highlight auf uns! Das Sonnenobservatorium Goseck, Start des Marathons.

Im Jahr 1991 wurde diese Anlage aus der Luft entdeckt. Sie besteht aus einem nahezu kreisförmigen Graben und zwei konzentrischen Palisadenringen. Drei wangenförmig eingefasste Tore nach Norden, Südosten und Südwesten fungieren als Visiereinrichtungen zur Beobachtung der Sonne zum Zeitpunkt der Wintersonnwende. Die Kreisgrabenanlage ist eine der frühesten archäologischen Belege für systematische Himmelsbeobachtungen. Die jungsteinzeitliche Kreisgrabenanlage von Goseck wurde ca. 4800 v. Chr. erbaut. Als Versammlungs-, Handels-, Kult- und Gerichtsplatz stellte sie den Mittelpunkt einer frühgeschichtlichen Mikroregion. Das Sonnenobservatorium wurde 2005 am Originalschauplatz wissenschaftlich rekonstruiert. Und heute sollte es der Startpunkt meines 10. Laufes im Zuge der Bundesländer Marathonjagd sein. Schätzungsweise 150 Läufer sollten an den Start gehen. Dirk und ich beschlossen, das Ding in einer "lockeren Pace" von 5:20 bis 5:30 Kilometer pro Minute anzugehen. Geplante Zielzeit so um die 3:50-3:55 Stunden. Also recht relaxt! Das Wetter passte. Es waren so 19- 24 Grad gemeldet, leicht bewölkt. Die Strecke versprach landschaftlich sehr schön zu werden. Alles in allem also perfekte Bedingungen!

Um 9 Uhr erfolgt der Startschuss und die Lemminge begeben sich in Richtung des 42,195 Kilometer entfernte Nebra. Himmelsscheibe wir kommen!!! Und was soll ich sagen, die Strecke hielt genau das, was ich mir versprochen habe. Landschaftlich bisher der schönste Marathon, den ich gelaufen bin! Vorbei an Weinbergen, malerischen Dörfern, neben uns die Unstrut. Ab und an ein paar Steigungen, aber absolut im Rahmen! Radfahrer kreuzen den weg, im Fluss paddeln Kanuten. Herrlich! Einfach nur zum Genießen. Dirk und ich plappern an einer Tour. Unser Weg führt an Freyburg vorbei, Zentrum des Weinbaugebietes Saale Unstrut. Von hier stammt übrigens der Rotkäppchen Sekt. Weinberge wohin das Auge reicht, ab und an ein Weingut. Recht schnell vergeht die Zeit und wir nähern uns der Halbmarathonmarke. Diese befindet sich in Laucha. Die Stadt liegt in einem weiten Talkessel, eingebettet in Wiesen, Streuobstwiesen, Trockenrasenhängen und Weinhängen. Hier verläuft die Straße der Romantik und die Weinstraße. An den Hängen der 120 Meter hohen Muschelkalkberge, die sich zu beiden Seiten Lauchas auftürmen, wachsen ganz besondere Trauben, die einen ganz besonderen Wein ergeben. Bei der Halbmarathonmarke nehme ich ein Gel zu mir. Eines, dass ich bisher noch nicht ausprobiert habe. Und es schmeckt be...scheiden. Total dickflüssig das Zeug! Ich bekomme es kaum runter. Typischer Anfänger Fehler. Benutze nichts im Wettkampf, dass du nicht schon im Training getestet hast! An der Verpflegungsstation spüle ich es mit viel Wasser den Rachen runter. Pfui Teufel!!! Apropos Verpflegung. Alle fünf bis sechs Kilometer ist eine eingerichtet und es ist alles vorhanden was der Marathoni benötigt. Zumindest bis jetzt. Bei Kilometer 30 laufen wir durch Karsdorf. Noch 12 Kilometer bis Nebra. Die Pace liegt bis dato bei 5:25. Es läuft. Dirk und ich Seite an Seite.

Am Anfang des Berichtes habe ich die Frage, "wird ein Marathon nach 10 Starts in 2 Monaten zur Routine" mit NEIN beantwortet. Und um dieses NEIN geht es jetzt. Bei Kilometer 32 habe ich das Gefühl, jemand hat bei mir den Stecker gezogen. Ich fühle mich von jetzt auf gleich saft und kraftlos. Ich habe Urplötzlich keinen Bock mehr. Ich frage mich warum??? Es passt doch alles! Dirk, mein Trainingspartner und Kumpel ist an meiner Seite. Das Wetter passt. Die Strecke und Landschaft ist wunderschön. Und plötzlich will der Kerl nicht mehr. Nach kurzem hin und her überlegen schicke ich Dirk alleine weiter. Er versucht mich noch umzustimmen und mitzureißen. Aber er hat keine Chance! Ich beschließe die nächsten Meter zu gehen, in der Hoffnung, dass die Lust zurück kommt und der Motor wieder anspringt. Es bleibt leider nur Hoffnung! Mein nächstes Ziel ist daher der nächste Verpflegungspunkt, in der Hoffnung auf einen Becher Cola. COLA! ICH BRAUCHE JETZT COOOLA!!! Dann kommt er endlich, der VP! Und was gibt es nicht??? Cola... Meine Stimmung ist auf dem Tiefpunkt! Alles ist plötzlich scheiße! Ich habe keinen Blick mehr für die schöne Landschaft! Ich werde von zahlreichen Läufern überholt. Wo ist mein Ehrgeiz? Wo ist mein Stolz? Keine Ahnung... Zu hause vergessen??? Irgendwie kämpfe ich mich zur nächsten Verpflegung und wieder KEINE COLA!!! Verdammt! Dann, plötzlich Licht am ende des Tunnels. Eine Gartenwirtschaft. Und als erfahrener Marathonläufer, der ich gerne sein möchte, habe ich immer etwas Geld einstecken, so für schlechte Zeiten und so... Die Wirtin schaut mich etwas verdutzt an, als ich eine kalte Cola bestelle. Ruck Zuck hau ich mir das Zuckerwasser rein und warte auf den Power Effekt, den ich sonst immer bekomme. Vergebens... Heute geht nichts mehr! Ich benötige für die letzten zehn Kilometer ungefähr eine Stunde und zwanzig Minuten! 1:20 Stunden?????? Für zehn Kilometer????? Das habe ich in meiner vier jährigen Laufkarriere bisher noch nicht zustande bekommen! Schande über mein Haupt!!! Bei Kilometer 39 streift mich plötzlich etwas an der Wade. Was war das? Vielleicht eine Schnecke, die beim Überholvorgang mit ihrem Häuschen an meiner Wade hängengeblieben ist? Ein paar Meter weiter das gleiche Spiel noch einmal. Dann ist mir klar, ich stehe kurz vor einem Wadenkrampf... Das habe ich so bisher auch noch nicht erlebt in meiner Laufkarriere. Heute ist wohl Premieren Tag! Bei Kilometer 41 kommen mir die ersten Finisher entgegen, die sich bereits auf den Nachhauseweg machen. Sehr motivierend! Immerhin feuern sie mich an. Und dann kommt sie, die seelische Grausamkeit. Der 400 Meter Zieleinlauf am BERG!!! Ich habe mir geschworen, diesen hoch zu laufen und nicht zu gehen. Hochmotiviert laufe ich hoch. Nach circa 100 Metern bin ich gaaaanz kurz vor einem Wadenkrampf. Das bedeutet dann, ab jetzt ist gehen angesagt. Auf dem Asphalt stehen Sprüche wie z.B. "Wenn du nicht mehr kannst lauf ins Ziel" oder "Heuler sind Warmduscher". Heute bin ich ganz klar ein Warmduscher. Und was für einer! Im Ziel wartet meine Frau, die sich schon etwas Sorgen um mich gemacht hat. Schließlich ist Dirk schon seit 20 Minuten im Ziel. Sie selbst hat ihren Halbmarathon erfolgreich gefinisht  Als ich die Medaille in Form der Himmelsscheibe überreicht bekomme, macht sich ein kleines Lächeln in meinem Gesicht breit! Und ich bin doch etwas stolz, dass ich das Ding zu ende gebracht habe. 4:13:xx Stunden steht auf der Uhr. Nach ein zwei Kaltgetränken im Ziel habe ich noch gelernt, das Berliner in Sachsen Anhalt Pfannkuchen heißen. Die spinnen doch die Ossis! ;-)

Danach ging es mit der Burgenlandbahn nach Laucha zurück. Während der 30 Minütigen fahrt habe ich leichte Schweißausbrüche bekommen und mir war Kotzübel. Keine Ahnung ob ich einfach nur platt war oder es am Fahrstil des Bahnfahrers lag! ;-) In Laucha angekommen musste ich schnellstmöglich die nächste Toilette aufsuchen. Akuter Durchfall!

Danach war wieder alles gut und ich konnte die 420 Kilometer zurück fahren. Wohlgemerkt als Fahrer!

 

Nein, ein Marathon wird nicht zur Routine! Auf den 42,195 Kilometern kann viel passieren und kein Lauf ist wie der andere! Jetzt heißt es Mund abwischen und weiter geht die Marathonjagd! Zum Glück habe ich 5 Wochen Pause bis der Nächste kommt. Diese benötige ich auch ganz dringend. Mental bin ich ziemlich down...

 

Run Dirty & Be Unstoppable