Sylvias Heimmarathon -Auf den Spuren der Bremer Stadtmusikanten

Marathon Nummer 15. Bundesland Bremen. Diesmal mit der Mission Persönliche Bestzeit meiner Frau Sylvia verbessern(wovon sie aber erst bei Kilometer 40 erfahren wird!).

Ein langes Wochenende steht vor der Tür! Diesmal ohne die Kids. Denn auch Kinder brauchen ab und an mal Erholung von ihren Eltern. ;-)

Vier Tage. Ziel, die Hansestadt Bremen. Was ein Zufall, dass dort an diesem Wochenende ein Marathon stattfindet. Klar, dass wir an diesem teilnehmen werden!

Die Reise beginnt für uns am Donnerstag morgen. Die Kids werden die Tage erst bei Oma, dann bei meiner Schwester verbringen.

 

Auf dem Weg nach Bremen, gibt es noch einen traurigen Gang zu erledigen. Vor drei Wochen ist ein Freund von mir verstorben. Wir hatten früher recht viel miteinander zu tun. Unter anderem kickten wir zusammen in einer Freizeitmannschaft. Die letzten fünf Jahre haben wir uns aus den Augen verloren. Als ich die Nachricht von seinem Tod erfuhr, katapultierte mich dass Ganze in ein seelisches Loch! Todesursache Krebs. Dieser Gottverdammter sch....ß Krebs! Im Januar noch bezog er und seine Lebensgefährtin das lang ersehnte Eigenheim. Die letzten Ergebnisse der Meisterprüfung waren auch alle positiv! Das Leben kann so schön sein! Einen Monat später gesundheitliche Probleme. Arztbesuche. Diagnose Darmkrebs! Chemos. Im Juli feierte er seinen 40. Geburtstag im Beisein seiner Familie. Es ging ihm wieder besser. Im August wollte er wieder arbeiten. Dem Krebs den Finger zeigen! Und dann, peng, ging alles ganz schnell...

 

Die Beerdigung fand in einem Wald statt. da er die Natur liebte. Alles sehr passend. Immer noch unbegreiflich! Viel zu Jung! Dieser drecks Krebs!!!

Lieber Martin, wo immer du jetzt auch sein magst, Ruhe in Frieden! Du warst ein klasse Kerl!!!

 

Die Fahrt nach Bremen war sehr still. Der Tod eines Freundes macht einem sehr nachdenklich! Und dann wieder dieser Krebs! Warum nur?

 

In Bremen angekommen, war es schon sehr spät! Nach dem Check in im Hotel war auch gleich Nachtruhe angesagt.

Die nächsten zwei Tage stand Sightseeing im wunderschönen Bremen auf dem Plan. Bremens Altstadt ist einfach brutal schön! Der Marktplatz mit dem alten Rathaus, bewacht vom Bremer Roland, der als Symbol  für Recht und Freiheit steht. Der über 1200 Jahre alte St. Petri Dom. Das Schnoorviertel, Bremens ältestes viertel, dort stehen kleine Häuser aus dem 15./16. Jahrhundert. Die Böttcherstraße mit dem Glockenspiel. Die Weserpromenade. Und nicht zu vergessen die Bremer Stadtmusikanten. In Bremen benötigt man definitiv zwei Tage, um sich alles ganz genau anzuschauen!

Am Tag Nummer eins legten wir satte 16 Kilometer zurück, am Zweiten waren es "nur" 15 Kilometer! Der Wettergott war ganz klar auf unserer Seite und wir hatten eine wunderschöne Zeit in Bremen!

 

Halt!!! Stopp!!! Wir sind doch hier zum Marathon laufen! Die Geschichte ist also noch nicht zu Ende!!!

 

Bremen ist Sylvias Heimmarathon. Sie ist nicht weit entfernt von Bremen zur Welt gekommen. Genauer gesagt in Nordenham, bei Bremerhaven!

Das Thema der letzten Wochen bei uns im Haus, wenn auch nur indirekt, war unsere angepeilte Zielzeit in Bremen. Da es für Sylvia der zweite Marathon in diesem Jahr ist und wir den ersten schon gemeinsam in Hamburg gelaufen sind, in einer starken 4:23:xx Stunden, was persönliche Bestzeit für sie bedeutete, wollte sie in Bremen einfach nur laufen und so in einer 4:30 Stunden ins Ziel kommen. Mhhhh. Ich wiederum liebäugelte mit einer 4:15 Stunden. Worauf sie eigentlich überhaupt kein Bock hat! Denn Sylvia und sich bei einem Wettkampf plagen, ist so ein Kapitel für sich. Sie gehört eher so zur Run Happy Fraktion. Dabeisein ist alles. Auch OK. Wenn ich nicht wüsste, dass die Gute eigentlich vieeel schneller laufen könnte. Kam in letzter Zeit das Thema Zielzeit in Bremen auf den Tisch, so versuchte Sylvia gleich wieder davon abzulenken. Und so wurde das Thema immer geschickt umgangen! Bis zum Sonntag den 7. Oktober. RACEDAY! Bremen Marathon! Yihaaaa!!!

Von unserem Hotel bis zum Start Ziel Bereich am Marktplatz sind es 15 Gehminuten. Der Start ist um 9.30 Uhr. Also ist alles recht entspannt! Fertig machen, gemütlich frühstücken und dann ab in die Bremer Altstadt. Ein zwei Fotos mit den Bremer Stadtmusikanten geschossen. Um 8.45 Uhr gehen wir in die Lieben Frauen Kirche. Ökumenischer Gottesdienst für die Teilnehmer des Marathons. Und das war ne feine Sache. Ein Klavierspieler legt ne heiße Nummer auf seinem Flügel hin und singt dazu. Und das Ganze in der Kirche, sehr cool. Durch das große, bunte  Kirchenfenster strahlt die Sonne in den Raum. Ein wirklich magischer Moment. Ich schließe die Augen, Lauscher der Musik und genieße den Moment! Sylvia geht es genauso! Ein kurzer Blick auf die Uhr verrät, wir müssen uns jetzt aber beeilen! Noch zwanzig Minuten bis zum Start. Und wir müssen noch unser Gepäck abgeben, eine Toilette aufsuchen und in den Startblock gehen. Aber in Bremen ist das recht entspannt und wir stehen um 9.20 Uhr im Startblock. Die Orga hier ist sehr sehr gut und alles passt! Dann kommt der alles entscheidende Moment, wohin stellen wir uns. Sylvia läuft in Richtung der 4:30er Pacemaker. Die Rechnung hat sie aber ohne mich gemacht! Gemeinsam stellen wir uns hinter die Jungs mit dem Luftballon, 4:15. Ich bekomme böse Blicke zugeworfen. Kann Sylvia dann aber beruhigen, indem ich ihr versichere, dass wir nur die erste Hälfte den Jungs folgen und dann Tempo rausnehmen. Sie segnet den Plan ab!

Um 9.30 Uhr ertönt der Startschuss!

Auf geht's, MARATHON!!!

Die ersten Kilometer laufen wir in einer Pace unter 6 Minuten pro Kilometer. Teilweise in 5;45. Eigentlich zu flott. Egal! Sylvia macht einen guten Eindruck, bis, ja bis zum 5. Kilometer. Dort steht ein Dixie, dass sie aufsuchen möchte. Nach 5 Kilometer!? Mein erster Gedanke ist, die Dame schwächelt. Hat einen schlechten Tag. Hat heute kein Bock auf Marathon. Ich bin von dem frühen Boxenstopp etwas genervt. was man mir wohl auch ansieht. Aber, Fehlalarm! Alles gut! Wir können nach kurzer Zeit fast wieder auf die 4:15er Pacer aufschließen. Da diese aber etwas zu schnell unterwegs sind, beschließe ich, das Tempo etwas rauszunehmen um unser eigenes Rennen zu laufen. Und Sylvia macht das super! Sie läuft! Die Strecke in Bremen ist recht abwechslungsreich und meiner Meinung nach sehr schön! Anfangs geht es aus der Altstadt raus, entlang der Schlachte, so wird in der Altstadt die historische Uferpromenade an der Weser bezeichnet. Danach geht es durch verschieden Bremer Stadtteile Richtung Norden. Ab und an kommt eine Steigung. Eine fiese Brücke über eine Schleuse ist ebenfalls inklusive. Kilometer für Kilometer spulen wir ab. Die Pace konstant unter 6 Minuten pro Kilometer. Die Kilometer vergehen wie im Flug. Die Halbmarathonmarke passieren wir bei 2:04.xx Stunden. Puh, ganz schön schnell. Sylvia bekommt von den Zeiten nicht viel mit. Sie hat zwar ihre Uhr mitlaufen, jedoch die Einstellung so gewählt, dass nur die aktuelle Uhrzeit zu sehen ist. Ein Befehl vom Commander! Ich hoff nur, dass Sylvia keinen Einbruch erleidet, denn dann ist der Haussegen in Gefahr!

Im Bürgerpark, der grünen Lunge Bremens treffen die Marathonis bei Kilometer 27 auf die Halbmarathonis! Und das ist diesmal keine einfache Geschichte. Denn ab diesem Zeitpunkt ist unser flüssiger Lauf in Gefahr. Leider sind die Halbmarathonis, auf die wir stoßen recht langsam unterwegs. Schätzungsweise haben die Läufer eine Pace von 6:45. Das bedeutet nun also ÜBERHOLEN!!! Die Gefahr hierbei ist ganz klar zu überpacen. Wir haben zu diesem Zeitpunkt schließlich noch 15 Kilometer vor uns. Und es werden 15 verdammt harte Kilometer! Die circa 5 Kilometer durch den Bürgerpark machen Spaß!   Einer der zwei 4:15er Pacemaker verabschiedet sich bei Kilometer 30. Er wünscht uns noch viel Glück und entschuldigt sich. Seine Waden bereiten ihm Probleme. Das ist halt Marathon. Man weiß nie, was auf den 42,195 Kilometern geschieht! Vom zweiten Pacemaker ist weit und breit nichts zu sehen. Entweder ist er auch schon draußen oder hat vergessen was auf seinem Ballon steht und ist der Meinung, er müsse die Leute unter 4 stunden ins Ziel bringen. Kilometer 32. Sylvia sieht noch ganz gut aus! Alles prima!? Leider nein! Der Commander höchstpersönlich schwächelt! Mir wird etwas schwindlig. Das darf doch wohl nicht wahr sein! Ich hab hier ein Auftrag! Ich darf jetzt keine Schwäche zeigen! Ich versuche mir nichts anmerken zu lassen. Bei der nächsten Verpflegung probiere ich es mal mit einem Apfel Stückchen. Apropos Verpflegung. Diese ist absolut ausreichend und es ist alles vorhanden, was man als Läufer benötigt.  Bei mir geht's ab Kilometer 34 wieder ganz gut. Leider schwächelt ab Kilometer 35,36 Sylvia. Bei diesem Abschnitt geht es an der Weser entlang. In der Ferne kann man das Bremer Weserstadion erblicken. Und das ist unser nächstes Etappenziel. Denn dort geht es hindurch und danach führt der Weg wieder zurück in Richtung Altstadt, wo sich das Ziel befindet. Auf geht's Sylvia, dass Weserstadion haben wir gleich erreicht, danach sind es "nur" noch 3 Kilometer! Auf geht's!!! Ich versuche sie ständig zu Pushen und sage ihr, wie toll sie dass macht! Von einem Halbmarathoni der neben uns läuft, bekommt sie ebenfalls lob! "Ein riesen Respekt für deine Leistung, einen Marathon in diesem Tempo zu laufen! Davor ziehe ich meinen Hut!" So seine Worte! Und endlich geht es durch das Weserstadion, der Heimstätte des Fußball Bundesligavereins SV Werder Bremen. Als wir durch die große Arena laufen und ein Stadionsprecher uns Läufer anfeuert, sieht Sylvia plötzlich wieder viel besser aus! Aus dem Stadion raus, geht es eine klitzekleine Steigung nach oben. Bei Kilometer 39 fühlt sich diese aber an, wie die Zugspitze. Sylvia ist wieder in der Spur. Ich blicke bei Kilometer 40 auf die Uhr und rechne hoch. Eine Zeit um die 4:11 Stunden sollte drin sein. What??? 4:11 ??? Krass, dass wäre eine verdammt gute Zeit! Und die gute Sylvia hat von all dem keinen blassen Schimmer! Ich habe das Gefühl, dass jetzt, bei Kilometer 40 der optimale Zeitpunkt ist, ihr diese tolle Nachricht mitzuteilen! "Schatz, wenn du die letzten 2 Kilometer in diesem Tempo durchziehst, wird es eine top Zeit! Wir werden um die 4:11 Stunden ins Ziel kommen!" Ich erhalte etwas ungläubige Blicke! Aber ich sehe auch Freude und Glück in ihren Augen! Und sie zieht! Die letzten 2 Kilometer werden unsere schnellsten des Rennens! Als wir auf die Zielgerade einbiegen, schießen bei Sylvia Tränen des Glückes in die Augen! Es sind nicht wenige Tränen und ich habe etwas Angst, dass sie die restlichen 300 Meter in diesem Gefühlszutand nicht packt! Da vorne kommt endlich die Ziellinie. Ich nehme ihre Hand und reise sie in die Luft. Geschafft! Im Ziel muss ich die Lady gut festhalten, da sie ganz zittrig ist! Wir bekommen die Medaille umgehängt und es fließen Tränen! Ich teile ihr die Zeit mit und sage ihr, dass sie soeben 42,195 Kilometer in einer Pace knapp unter 6 Minuten gelaufen ist! Sie ist stolz, verdienterweise!!! Hier und heute hat einfach alles gepasst. Die Tagesform, die Strecke, dass Wetter! Sylvia hat ihren Heimmarathon mit Bravur gemeistert! Ihre Bestzeit um 12 Minuten verbessert. Danach gehen wir gleich zu den Stadtmusikanten um ein Abschiedsbild von uns mit ihnen zu machen!

Eine halbe Stunde später sitzen wir im Auto und sind auf dem Weg nach Hause!

Bremen und speziell der Bremen Marathon war ein tolles Erlebnis! Hier hat einfach alles gepasst! Ich kann mir vorstellen hier wieder her zu kommen und mit zu laufen!

 

Run Dirty & Be Unstoppable